Als historische Künstlerpersönlichkeit ist Harald Kreutzberg eine widersprüchliche Erscheinung: einerseits ein künstlerischer Revolutionär, andererseits ein Mitläufer des NS-Regimes, der sich nur seiner Kunst verpflichtet sah. Von der New York Times 1927 als „bester Tänzer seit Nijinsky“ betitelt, feierte Harald Kreutzberg internationale Erfolge und avancierte schnell zum Weltstar.
Seine Solostücke und die gemeinsamen Auftritte mit Yvonne Georgi machten ihn in den USA zur Galionsfigur des „German Dance“. Auch im europäischen Ausland, Russland und Asien wurde er von Kritik und Publikum bejubelt.
Nur wenige Ausdruckstänzer:innen übten einen so großen Einfluss aus und erreichten Weltgeltung. In der Frauen-Domäne Ausdruckstanz rückte Kreutzberg den Tänzer in den Fokus und ermutigte so u.a. José Limón, diesen damals noch als ‘unmännlich’ geltenden Beruf zu ergreifen.
Selbst völlig unpolitisch, setzte Kreutzberg seine Karriere unter dem NS-Regime ohne Unterbrechung fort und ließ sich als Aushängeschild der NS-Kulturpropaganda instrumentalisieren. Er wurde einer der angesehensten und hochdotiertesten Künstler:innen Nazideutschlands, obwohl er als Homosexueller mit seiner Verkörperung von Frauenrollen schon in der Weimarer Zeit für heftige Diskussionen um das Bild des männlichen Tänzers sorgte.
Für DanceLab Berlin ergaben sich aus Kreutzbergs Biografie drei Kernfragen, denen sie in ihrem zeitgenössischen Tanzstück „H.K. – Quintett“ nachgingen:
„Wie entwickelt sich Identität zwischen Individualität und Uniformität? Was bedeuten die Begriffe ‚maskulin‘ und ‚feminin‘ vor dem Hintergrund der Gender-Debatte? Und was ist die Rolle des männlichen Tänzers heute?
Dabei ging es den Choreografen Norbert Servos und Jorge Morro nicht um die Rekonstruktion originärer Kreutzberg-Stücke. Durch das Herauslösen einzelner Gesten aus Kreutzbergs Bewegungsvokabular und ihrer Kombination mit zeitgenössischem Schrittmaterial näherten sich die beiden gemeinsam mit einem Tänzer:innen-Quintett dem historischen Material aus heutiger Perspektive an und spürten so neuen Zugängen nach.
Ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Einführungen, Podiumsdiskussion, Filmprogramm und Publikumsgespräch stellte zudem die historische Persönlichkeit Harald Kreutzberg vor.
Choreografie – Norbert Servos / Jorge Morro
Bühne – Jan Freese
Kostüme – Slavna Martinovic
Musik – Max Richter u.a.
Sound Design – Michael Kessler
Licht – Asier Solana
Mit – Javier Alemán, Martijn Joling, Lorena Justribó Manión, Jorge Morro und Silvia Ventura.
Produktionsleitung – Inge Zysk
Kommunikation – k3 berlin
Fotos – Andreas Etter
Grafik – Peter Junge
Beratung bei der Recherche – Goethe Institut München, Deutsches
Tanzfilminstitut Bremen, Albertus Magnus Universität zu Köln, Mime Centrum Berlin
Gefördert von TANZFONDS ERBE – eine Initiative der Kulturstiftung des Bundes und Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei Kulturelle Angelegenheiten