Ballett von Gerhard Bohner zur Musik von Gerald Humel
Am 16. April 1971 fand in der Akademie der Künste, Berlin die Uraufführung von Gerhard Bohners Choreografie „Die Folterungen der Beatrice Cenci“ statt, die bei Kritik und Publikum für Furore sorgte und den jungen Choreografen über Nacht berühmt machte. Gegenstand des Stücks ist der blutrünstige Stoff um die römische Patrizierin Beatrice Cenci (1577-1599), die ihren Vater, der sie schwer misshandelte, töten ließ und daraufhin zum Folteropfer wurde.
Die Choreografie steht mit ihrer realistischen Darstellung von Folter einerseits in der expressionistischen Tradition eines Kurt Jooss und setzt andererseits die durch Tatjana Gsovsky eingeführte Form eines ausdrucksvoll-narrativen Stils auf klassischer Basis fort. Zudem zeigt sie, wie das im Entstehen begriffene deutsche Tanztheater von Antonin Artauds „Theater der Grausamkeit“ beeinflusst wurde ebenso wie von den Ideen Jerzy Grotowskis und der Arbeit des Living Theatre.
Das Ballett des Saarländischen Staatstheaters ließ Bohners Signaturstück im Mai 2017 nach über 25 Jahren wieder auf die Bühne zurückkehren. Die Rekonstruktion wurde von der Choreologin Cherie Trevaskis geleitet. Grundlage war die Notation, die sie 1989/1990 anlässlich der zweiten Einstudierung des Stücks unter Leitung Bohners am Bayerischen Staatsballett anfertigte. Unterstützt wurde Cherie Trevaskis bei ihrer Arbeit durch Ivan Liška und Colleen Scott, die 1973 die Hauptrollen in der Düsseldorfer Einstudierung tanzten.
Das Saarländische Staatstheater zeigte die Rekonstruktion im Rahmen eines Doppelabends: Mit seinem neuen Stück „Pulcinella“ setzte Stijn Celis einen heiteren Gegenpol zu Bohners düsteren Choreografie.