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Transforming Acts

In den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde der Tanz als autonome Kunstform zum Impulsgeber für Künstler:innen, die nach unverbrauchten Ausdrucksformen suchten und dabei Genre- und Gattungseinhegungen überschritten. Er beeinflusste die Theateravantgarden nachhaltig.

Sein hochartifizielles Bewegungsvokabular, die choreografierten Gruppenfiguren, die Komposition der Akteur:innen zu Bildern im Raum, repetitive Abläufe und Stehparaden, das Physisch-Expressive des tänzerischen Ausdrucks, aber auch die Virtuosität der Ballettsprache, und das Chorische – dies wurden Bezugsfelder für Regisseur:innen und Dramaturg:innen, die nach einer erneuerten und gesteigerten Kunsthaftigkeit des szenischen Geschehens suchten, nach Kunstmitteln jenseits vom geläufigen mimetischen Abbildrealismus des Schauspiels und linearer Narration.

Wie sehr etwa Pina Bauschs Choreografien das eigene Kunstdenken prägten, bekundeten in berührender Weise Heiner Müller und Einar Schleef auf ihrer Suche nach zeitgemäßen szenischen Bildern des Tragischen.

Zeitgleich entfalteten in Mitteleuropa die Synergien von Tanz, Klang und Bildraum ihre Wirkung, an denen seit den sechziger Jahren John Cage und Merce Cunningham und die New Yorker Judson-Church-Protagonist:innen arbeiteten. Lucinda Childs‚ Einfluss etwa erreichte uns in den Inszenierungen von Robert Wilson. Auch die frühen Choreografien und Performances von Anne Teresa de Keersmaeker, Jan Fabre und anderer Aktivist:innen der flämisch-niederländischen Szene dieser Zeit speisten sich von dorther und machten sie dann zum Inspirationsquell jüngerer Choreograf:innen und Regisseur:innen.

Zugleich begann der Tanz seinerseits, die Spezifika anderer Kunstformen zu adaptieren, und er verstärkte damit noch sein Einflusspotential, – dramaturgisches Denken in mehrschichtigen Narrativen, Sprach,- Sprech- und Schrifttexturen – sowie die rasant wachsenden Imaginationspotentiale der elektronischen Bild- und Klangmedien.

Die mediale Installation „Transforming Acts“ von Penelope Wehrli und Detlev Schneider versammelte Bildmaterial signifikanter Aufführungen von zwölf Choreograf:innen und Regisseur:innen sowie Bild- und Tonmaterial dazu aus deren Archiven, aus Theater- und Tanzarchiven und kombinierte diese mit Videoporträts, die speziell für diese Installation hergestellt wurden.